Kinder in der Altersversorgung der Rechtsanwälte

Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung

 

a) Ergänzend zu den sich aus den Bestimmungen in §§ 22 a, 11 a geschaffenen Möglichkeiten der Berücksichtigung der besonderen Situation von kinderbetreuenden Mitgliedern ist hinzuweisen auf die auch für die Mitglieder des Versorgungswerks eröffnete Möglichkeit der Geltendmachung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung.

 

Obwohl die (Pflicht-)Mitglieder des Versorgungswerks gem. § 6 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGB VI von der Mitgliedschaft in der gesetzlichen Rentenversicherung befreit sind, hat die Rechtsprechung der Sozialgerichte die Möglichkeit eröffnet, neben Versorgungsanwartschaften im Versorgungswerk aufgrund von Kindererziehungszeiten Anwartschaften in der gesetzlichen Rentenversicherung zu erwerben.

 

Die berufsständischen Versorgungswerke stellen die Pflichtversorgung ihrer Mitglieder im Bereich der Alters-, Invaliditäts- und Hinterbliebenenversorgung sicher. Für Mitglieder der gesetzlichen Rentenversicherung werden neben diesen Elementen der Pflichtversorgung Kindererziehungszeiten gewährt; es handelt sich bei den Kindererziehungszeiten um "versicherungsfremde" Leistungen, für die die gesetzliche Rentenversicherung Beiträge vom Bund erhält. Bei der Anerkennung von Zeiten der Kindererziehung in der gesetzlichen Rentenversicherung handelt es sich um eine Leistung des Familienausgleichs. Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung werden daher aus Steuermitteln finanziert. Einen solchen Beitrag erhalten die berufsständischen Versorgungswerke nicht.

 

b) Die Mitglieder des Versorgungswerks tragen jedoch durch die von ihnen zu zahlenden Steuern zur Finanzierung der Kindererziehungszeiten durch die gesetzliche Rentenversicherung bei.

 

Die Rechtsprechung der Sozialgerichte (BSG 31.08.2008-B 13 R 64/06R und HessLSozG 19.06.2007-L 2 R 366/05 ZVW) hat daraus gefolgert, dass Kindererziehungszeiten im Sinne von § 56 SGB VI auch für von der Versicherungspflicht befreite Mitglieder von Versorgungswerken freier Berufe in der gesetzlichen Rentenversicherung anzuerkennen sind.

 

Diese Rechtsprechung berücksichtigt, dass die berufsständischen Versorgungswerke ihre Leistungen ausschließlich aus eigenen Mitteln erbringen. Die Gewährung von Kindererziehungszeiten innerhalb der Versorgungswerke würde einen Solidarbeitrag der Mitglieder des Versorgungswerkes voraussetzen, und zwar zusätzlich zu dem bereits über Steuern erbrachten Solidarbeitrag zu den Kindererziehungszeiten, die über die gesetzliche Rentenversicherung anerkannt und ausgezahlt werden. Eine doppelte Inanspruchnahme ist den Mitgliedern der berufsständischen Versorgungswerke nicht zuzumuten.

 

c) Aufgrund der Rechtsprechung der Sozialgerichte können -auf Antrag - für ein Mitglied des Versorgungswerks in der gesetzlichen Rentenversicherung Kindererziehungszeiten anerkannt werden, und zwar

 

- für bis zum 31.12.1991 geborene Kinder 12 Monate

 

- für ab dem 01.01.1992 geborene Kinder 36 Monate

 

Bestehen keine sonstigen Anwartschaftszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung besteht jedenfalls dann, wenn für ein Mitglied des Versorgungswerks Kindererziehungszeiten nur für ein (1) nach dem 01.01.1992 geborenes Kind bzw. "nur" für vier bis zum 31.12.1991 geborene Kinder Kindererziehungszeiten zu berücksichtigen sind, das Risiko, dass die für einen Rentenbezug in der gesetzlichen Rentenversicherung erforderliche Wartezeit von 60 Monaten nicht erreicht wird. Ohne Erfüllung der Wartezeit von 60 Monaten liegen die Voraussetzungen für den Bezug von Leistungen aus der gesetzlichen Rentenversicherung jedoch nicht vor.

 

Es besteht also trotz der Berücksichtigung von Kindererziehungszeiten das Risiko, dass die Mindestvoraussetzungen für den Bezug von Rentenzahlungen nicht erfüllt werden. Diesen Missstand hat der Gesetzgeber gesehen und für Abhilfe gesorgt.

 

d) § 208 SGB VI bitte beachten

 

Nach dieser Regelung wird seit 2009 für Elternteile, denen Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung anzurechnen sind und die bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze die allgemeine Wartezeit nicht erfüllt haben, die Möglichkeit eröffnet, auf Antrag freiwillige Beiträge für so viele Monate nachzuzahlen, wie zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit noch erforderlich sind. Beiträge können auf Antrag frühestens nach Erreichen der Regelaltersgrenze für so viele Monate nachgezahlt werden, wie zur Erfüllung der allgemeinen Wartezeit noch erforderlich sind.

 

Für die Mitglieder des Versorgungswerks, für die auf Antrag Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung angerechnet wurden, bedeutet dies, dass sie bei Erreichen der Regelaltersgrenze freiwillige Beiträge in die gesetzliche Rentenversicherung einzahlen können, um die Wartezeit von 60 Kalendermonaten abzudecken. Empfehlung: Mitglieder des Versorgungswerks, die die Regelaltersgrenze in der gesetzlichen Rentenversicherung (derzeit 65. Lebensjahr, später 67. Lebensjahr) bereits erreicht haben oder erreichen, sollten prüfen oder ggf. mit der für sie örtlich zuständigen Auskunfts- und Beratungsstelle der Deutschen Rentenversicherung - Bund (DRV) klären,

  • ob ein Antrag auf Anerkennung von Kindererziehungszeiten in der gesetzlichen Rentenversicherung gestellt wurde / noch zu stellen ist und
  • wie viele Beiträge ggf. nachzuzahlen sind, um ausgehend von den angerechneten Kindererziehungszeiten die Wartezeit von 60 Monaten aufzufüllen, um einen Rentenanspruch zu erlangen.

Die Zahlung einer Rente für Kindererziehungszeiten erfolgt direkt durch die gesetzliche Rentenversicherung an das Mitglied des Versorgungswerks. Die Zahlung dieser Rente hat keinen Einfluss auf die Leistungen des Versorgungswerks.

 

(von Rechtsanwältin und Vorstandsmitglied Ulrike Beck, Mannheim)